Entführung aus dem Serail

- Hausarbeit

 


Seminar:

Das Komponistenportrait im Musikunterricht:

Wolfgang Amadeus Mozart

Dozent:

k. A. (Universität Koblenz)

Referent:

Ingo Kiefer

Thema:

Beschreiben sie für Mozart typische Stilmerkmale und beschreiben sie den biographischen Bereich Mozart und die Freimaurerei.

 

Inhalt
Entführung aus dem Serail   Mozart und die Freimaurerei
Mozart kommt nachWien   Die Idee der Freimaurerei

Entstehungsgeschichte

  Mozart und die Loge

Besetzung und Handlung

  Die Zauberflöte

Besetzung

   

Handlung

  Schule

Das Singspiel

  Lernziele

Instrumentierung

   

Das Librettoverständnis

  Quellen
Analyse der Sätze Nr. 2 und Nr. 16   Literaturnachweis
Nr. 2, Lied    
Nr. 16, Quartett    

Wort-Ton Bezug

   

„Die Entführung aus dem Serail“

Mozart kommt nach Wien

Am 3. Juli 1778 starb Mozarts Mutter. Trotz dieses traurigen Ereignisses und obwohl er sich in der Pariser Atmosphäre unglücklich fühlte, verschob er seine Abreise bis zum 26. September. Es fiel ihm schwer, in die verhaßte Heimatstadt zurückzukehren, wo ihm sein Vater eine neue Anstellung als Hoforganist verschafft hatte. Mitte Januar 1779 traf er dort wieder ein und entfaltete sogleich eine intensive schöpferische  Aktivität. Den Höhepunkt seines Schaffens in dieser Periode bildet die Opera seria „Ideomeo, Re di Creta“. Den Auftrag zu dieser Komposition hatte der junge Musiker im Herbst 1780 vom Münchner Hof erhalten. Im Oktober machte er sich an die Arbeit und begab sich am 5. November nach München, wo er die Komposition fortsetzte und sogleich mit den Proben begann. Die Uraufführung am 29. Januar 1781 war ein wirklicher Erfolg, der sich jedoch als nicht sehr nachhaltig erwies.

Mozarts Hoffnung, in München eine feste Anstellung zu finden, ging nicht in Erfüllung. Auf Befehl des Erzbischofs begab er sich am 12 März nach Wien. Dort reichte er nach einem Zusammenstoß mit dem Erzbischof am 9. Mai seine Entlassung ein. Eine letzte Zusammenkunft mit dem Küchenmeister Graf Arco beendete dieser mit einem Fußtritt für den Unbotmäßigen. Damit hatte Mozart zum Entsetzen seines Vaters den Zustand der Dienstbarkeit, in dem sich damals noch die meisten Musiker befanden, beendet und war nun darauf angewiesen, seinen Lebensunterhalt als freier Künstler zu verdienen. Er er­freute sich aber in den Kreisen der Wiener Aristokratie eines guten Rufs und rechnete damit, durch Stundengeben, Subskriptionskonzerte und freie Kompositionstätigkeiten eine Existenz gründen zu können. Zudem verwirklichte sich seine Hoffnung auf einen Opernauftrag bald nach seiner endgültigen Übersiedlung nach Wien: Schon am 30. Juli erhielt er von Stephanie das Libretto zum Singspiel „Entführung aus dem Sereil“. Die Oper errang bei ihrer Uraufführung einen großen Erfolg. Am 4. August heiratete Mozart nach einer langen, von vielen Ränken getrübten Verlobungszeit Konstanze Weber, die jüngere Schwester seiner Jugendliebe Aloysia. Die junge Frau war oberflächlich und lebenslustig und hat bis zum Tode ihres Gatten dessen Genie nicht erkannt.

Die ersten Wiener Jahre brachten Mozart neben seiner Oper noch eine Fülle anderer Aufgaben. Er gab Klavierstunden, spielte in Konzerten und veranstaltete eigene „Aka­demien“; außerdem entstand wieder eine stattliche Reihe der verschiedensten Komposi­tionen. Im Laufe des Sommers 1783 besuchte das Ehepaar Mozart den Vater in Salzburg. Mozart brachte die ersten Teile der C-Moll-Messe mit, und Konstanze sang bei der Aufführung die Sopranpartie. In den folgenden Jahren trat er mehr und mehr als Pianist hervor und komponierte zwischen 1782 und 1786 teils für sich selbst, teils für Schüler oder andere Pianisten 15 bedeutende Klavierkonzerte. Im selben Zeitraum ent­standen die vier für den mit Mozart befreundeten Ignaz Leitgeb bestimmten Hornkon­zerte und die sechs Joseph Haydn gewidmeten Streichquartette, die Mozart als Frucht langer und mühsamer Arbeit bezeichnete, sowie zahlreiche weitere Kompositionen. Seit 1782  gehörte der Meister dem Kreis um den Baron Gottfried van Swieten an, wo er mit dem Werk  J.  S. Bachs und G. Fr. Händels in nähere Berührung kam. Später (1788-1790) instrumentierte er auf Anregung van Swietens die Händelschen Oratorien neu. 1784 wurde er in die Wiener Freimaurerloge aufgenommen, für die er mehrere Kompo­sitionen schrieb.

Gelang es ihm also auf verschiedene Weise, seine Stellung in der Wiener Gesellschaft zu festigen, so ließen seine Beziehungen zum Theater sehr zu wünschen übrig. Nach der „Entführung“  wartete er vergeblich auf neue Aufträge.

Inhaltsverzeichnis


Entstehungsgeschichte

Am 30. Juli 1781 erhielt Mozart von dem in Wien überaus erfolgreichen Librettisten und Autor Stephanie ein „Opernbüchel“ und zugleich den kaiserlichen Auftrag, eine deutsche Oper zu komponieren. Gottlieb Stephanie d.J. (1741 - 1800) war beauftragter des Kaisers für das Singspiel und dadurch beliebt und bekannt in Wien.

Mozart selbst hatte sich, gleich nach dem er 1778 von der Absicht Kaiser Josephs II gehört hatte, ein „deutsches Nationaltheater“ zu errichten, um einen solchen Opernauf­trag bemüht. Als er sich im Frühjahr 1781 auf Befehl seines Dienstherrn, des Salzburger Fürsterzbischofs Hyronimus Graf von Colleredo-Waldsee, in Wien aufhielt, nutzte er daher die Zeit, sich um eine Zusammenarbeit mit Stephanie zu bemühen und sich beim „General-Spektakel-Direktor“ Franz Xaver Wolf Fürst Rosenberg-Orsini für die Kom­position einer Oper zu empfehlen. Diese Bemühungen hatten letztendlich Erfolg. Dabei war es sicher nicht ungünstig, daß Mozart infolge des Bruchs mit Hyronimus in Wien bleiben konnte.

Die ursprüngliche Absicht, die in Salzburg auf einen Text von Johann Andreas Schachtner (1731 - 1791), Salzburger Hoftrompeter, bezogene „Zaide“ (1780-1866) für eine Aufführung in Wien fertigzustellen, oder zu bearbeiten, wurde nach einem Gespräch mit Stephanie verworfen wegen des schlechten Librettos. „Zaide“ war bis auf die Ouvertüre und das Finale bereits komponiert. Den Namen „Zaide“ gab Johann Anton Andre, der spätere Herausgeber, der Oper. Das Sujet der Oper ist mit dem „türkischen“ der „Entführung aus dem Serail“ verwand. Aus diesem Grunde wurde „Zaide“ auch später nicht von Mozart vollendet. (1)

Dafür stellte Stephanie ein neues Libretto in Aussicht. Für Mozart mag es daher zunächst etwas enttäuschend gewesen sein, als Stephanie ihm nun an jenem 30. Juli kein „Originalbüchel“, sondern die Bearbeitung eines bisher allerdings recht erfolgreichen Librettos zur Komposition vorschlug. Ursprünglicher Autor des Librettos war Christoph Ferdinand Bretzner (1748 - 1807): „Belmont und Constanze oder die Entführung aus dem Sereil“, 1780. Das Libretto wurde damals vertont vom Komponisten Johann Andre,  ein Geschäftsmann in Leipzig.  Die Uraufführung hat im Jahre 1781 in Berlin stattgefunden.


Da das türkische Sujet dem damaligen Geschmack der Wiener sehr entgegenkam und schon allein deswegen ein gewisser Erfolg sicher war, stimmte Mozart zu. Während der nächsten zehn Monate stand die Komposition dieses Singspiels im Zentrum seiner Arbeit, was auch im Briefwechsel mit dem Vater Leopold einen deutlichen Nieder­schlag gefunden hat. Auf Grund der Übereinstimmung der Namen von Konstanze in der Entführung mit seiner Frau Konstanze Weber, welche er in der Entstehungszeit heiratete, gaben Freunde Mozarts der Oper den Beinamen „Hochzeitsoper“, da auch Mozarts Heirat spöttisch eine „Entführung aus dem Hause Webers“ genannt wurde.

Stephanie hatte bei der Übergabe des Librettos auch deutlich gemacht, mit welchen Sän­gerinnen und Sängern die Rollen besetzt werden sollten. Mozart nennt in einem Brief vom 1.Aug. 1781, in dem er dem Vater erstmals von dem Projekt der „Entführung“ berichtet, folgende Namen: „Mad:selle Cavalieri, Mad:selle Teyber, M:r Fischer, M:r Adamberger, M:r Dauer und M:r Walter werden dabey singen“. Die Rolle des Bassas war also auch als Gesangsrolle geplant, blieb aber dann infolge der plötzlichen Entlas­sung des Tenors Ignaz Walter durch Joseph II. eine Sprechrolle. Mozart kannte also von Anfang an die Fähigkeiten der Sänger, für die er die entsprechenden Partien zu schreiben hatte. Ludwig Fischer beispielsweise war ein vorzüglicher Bassist, der über einen großen Stimmumfang verfügte, und so hat Mozart vor allem in der großen Arie des Osmin im I. Aufzug „seine schöne tiefe töne [...] schimmern lassen“ .(2) Andererseits mußte er die Gestaltung der Partie der Konstanze „ ein wenig der geläufigen gurgel der Mad:selle Cavallieri“ aufopfern.

Mozart hatte sofort nach Erhalt des Auftrags mit der Arbeit begonnen. Nicht nur mit der Komposition der Musik beginnt er,  er prüft auch den Text nach sprachlichen und dramatischen Erfordernissen und verwandelt auch ihn, soweit er es für den Fortgang für nötig hält. Seine Angaben für die gewünschten Veränderungen sind äußerst genau. Zum Beispiel wünscht Mozart, daß dem Liedchen des Osmin „wer ein Liebchen hat gefunden“  anstatt des Gesprächs zwischen Osmin und Belmonte ein Duett folgt. „Dieser Osmin“, schreibt Mozart am 26. September 1781, „hat aber im Originalbüchel das einzige Liedchen zu singen, sonst nichts, außer in dem Terzett und Finale. Dieser hat also im ersten Acte eine Aria bekommen, und wird auch noch im zweiten noch eine haben. Die Aria habe ich dem Herrn Stephanie ganz gegeben - und die Hauptsache der Musik davon war schon fertig“.

Wir sehen hier nicht nur die dramatische Zielsicherheit Mozarts, sondern ein unge­wöhnliches Ereignis in der Entstehungsgeschichte einer Oper: eine Arie ist schon in der Partitur fertig, ehe der Librettist weiß, das er hier eine dichten soll. Mozart empfindet dramatisch richtig, daß hier ein wilder Ausbruch die Handlung vorwärts treiben muß, er drückt ihn schon in Tönen aus, bevor die Worte dazu verfaßt sind. Freilich dürfen wir annehmen, daß er, der „die Aria dem Herrn Stephanie ganz gegeben“, ihm auch die Worte suggeriert habe: seine dramatische Leistung ist dann noch mehr zu bewundern. Denn durch diese eingeschobene Arie „solche hergelaufene Laffen“ hat er eine Szene von größter Wichtigkeit geschaffen; er hat gewußt, daß der Text dazu nicht vollkommen sei, aber der ruppigen Natur dieses Osmin entspreche und der dramatischen Aktion angemessen sei. (3)

Die größte Umgestaltung hatte Mozart mit dem Ende des zweiten und dem Anfang des dritten Taktes vor. Bei Bretzner ist die Entführungsszene, die Entdeckung der Fliehenden, der Versuch, die Wachen zu bestechen, an den Anfang des dritten Aktes gelegt. Mozart, der hier in der Aufregung der durcheinandersingenden Liebespaare die Anlage zu einer wirksamen Schlußszene verspürte, wollte „dieses charmante Quintett oder Finale lieber zum Schluß des zweiten Aktes haben“. Diese Stelle ist bezeichnend für ihn, denn er wurde Meister des Finales. Fast könnte man sagen, erst das Mozartische Finale erhob das musikalische Spiel zum Rang einer Oper.

Zusammenziehungen im angewachsenen zweiten Akt wären ein leichtes gewesen, er brauchte nur die Begegnung der Liebenden zu streichen. Indessen hätte der verarmte dritte Akt, für den nunmehr die Auflösung des Knotens durch den verzeihenden Sultan blieb, erweitert werden müssen. Mozart sann einer neuen Verwicklung nach, er schrieb seinem Vater, ganz im Feuer, daß „eine ganz neue intrigue vorgenommen werden“ müsse (26 September 1781).

Es ist zu dieser Umarbeitung nicht gekommen. Vielleicht, weil ihm Stephanie keine Intrigue liefern konnte, die seinen dramatischen Ansprüchen genügte, vielleicht auch, weil sich durch die Verschiebung der Aufführung Zeit fand, geruhsamer zu arbeiten und noch einmal die dramatische Anlage zu prüfen. Welche Mühe er sich gab, beweisen die vielen Verbesserungen in der Niederschrift, die von seiner sonstigen, Korrekturen freien Schreibweise deutlich abstechen.

Mozart beließ also den Schluß des zweiten Aktes, der durch den Zweifel der Männer an der Treue ihrer Liebsten und durch deren verschiedenen Entgegnungen bewegt genug bleibt, beließ auch die Entführungsszene zu Beginn des dritten Aktes. (4)

Die Sätze 4,6,7 hat Mozart an einem Tag komponiert und in 1 1/2 Tagen niederge­schrieben. (5) Bereits am 22. August war der I. Aufzug fertiggestellt, der II. und III. lagen im Mai 1782 vor. Mozart hatte den I. Aufzug deswegen so rasch komponiert, da schon für September 1781 anläßlich eines Besuches des Großfürsten Paul von Rußland in Wien eine Aufführung vorgesehen war. Dieser Besuch wurde jedoch verschoben, und so bestand, auch zur Erleichterung Mozarts, kein Grund mehr zu übertriebener Eile. Am 3. Juni 1782 wurde mit den Proben begonnen. Sie zogen sich, unter anderem wegen einer Grippeepidemie, über sechs Wochen. Die Uraufführung fand statt am 16. Juli 1782 im Wiener Hof- und Nationaltheater. Die „Entführung aus dem Serail“ brachte den Durchbruch Mozarts auf der Bühne des Theaters und war sein größter nachhaltigste Erfolg zu Lebzeiten.

Inhaltsverzeichnis

 

Besetzung und Handlung

Besetzung

Personen:

Selim, Bassa (Sprecher); Konstanze, Geliebte Belmontes (Sopran); Blonde, Mädchen Konstanzes (Sopran); Belmonte (Tenor); Pedrillo, Bedienter Belmontes und Aufseher über die Gärten des Bassas (Tenor); Osmin, Aufseher über das

Landhaus des Bassas (Baß); Klaas, Schiffer (Sprecher), ein Stummer, Wache (Sopran).

Chor:

Janitscharen

Statisterie:

Wachen, Gefolge

Orchester:

Flageolett, 2 Fl, 2 Ob, 2 Klar, 2 BassetHr, 2 Fg, 2 Hr, 2 Trp,

Pkn, Schl (gr. Tr, Bck, Trg), Streicher, Hammerflügel oder Cembalo

Bühnenmusiker auf der Szene:

Banda ( 2 Fl, 2 Klar, 2 Fg, 2 Hr, 2 Trp, MilitärTr [dt. Tr], gr. Tr [türk. Tr] )


Handlung

Ort der Handlung ist der Palast des Bassa Selim.

Bei einem Überfall auf das Schiff des vornehmen Spaniers Belmonte Lostados fielen dessen Verlobte Konstanze mit ihrer Dienerin Blonde sowie sein Diener Pedrillo, der mit Blonde verlobt ist, in die Hände von Seeräubern. Alle drei wurden von Bassa Selim, einem spanischen Renegaten, auf dem Sklavenmarkt gekauft und auf dessen Landgut gebracht. Belmonte, durch eine Nachricht Pedrillos von dem Aufenthaltsort unterrich­tet, ist heimlich eingetroffen, um die Gefangenen zu befreien. Als erstes begegnet er dem Aufseher über den Palast des Bassas, dem gutmütig-groben Osmin. Dieser ver­wehrt Belmonte den Einlaß. Nach Pedrillo gefragt, gerät er in Wut, die sich ins Unmä­ßige steigert, als dieser auch noch erscheint. In höchster Erregung zieht sich Osmin zu­rück. Jetzt kann sich Belmonte Pedrillo zu erkennen geben. Dieser berichtet seinem Herrn, daß Konstanze zwar die Favoritin des Bassas sei, sich diesem aber trotz seiner Bitten und Drohungen bisher mit Erfolg widersetzt habe. Blonde ist vom Bassa dem alten Osmin geschenkt worden und muß sich gegen dessen Nachstellungen wehren. Pedrillo konnte sich die Gunst des Bassas durchaus erwerben, da er sich mit Geschick als Gärtner betätigte. Eine weitere Vorliebe des Bassas ist das Bauwesen. Pedrillo schlägt daher vor, ihm Belmonte als Baumeister vorzustellen, um seinem Herrn auf diese Weise Zutritt zum Palast zu verschaffen. Belmonte wird tatsächlich vom Bassa aufgenommen und kann nun auch Konstanze wiedersehen und sprechen. Der mit Pedrillo gefaßte Plan, die Gefangenen durch eine nächtliche Entführung zu befreien (Belmontes Schiff steht hierfür bereit), wird den beiden Frauen mitgeteilt. Um von Osmin nicht gestört zu werden, verführt ihn Pedrillo vor Einbruch der Nacht zum Genuß einer größeren Portion Zypernweins, der er einen Schlaftrunk beigemengt hat. Dennoch wird die schon geglückte Entführung im letzten Moment durch Osmin verhin­dert, da er von einem Sklaven geweckt und auf das Treiben der Fremden aufmerksam gemacht wurde. Beide Paare werden zur Freude Osmins dem Bassa vorgeführt. Dieser erkennt in Belmonte den Sohn seines verhaßtesten Feindes, verzichtet aber, für Osmin völlig unver­ständlich, auf die Vergeltung des ihm einst zugefügten Unrechts und schenkt den Gefangenen die Freiheit.

Inhaltsverzeichnis


Das Singspiel

Das deutsche Singspiel ist als musikalische Form nicht genau festgelegt. Sein Ursprung liegt im Schauspiel mit eingeschobenen Liedern und ein Finale als Rundgesang. Histo­risch früh belegbar ist der Terminus „Singetspile“ beim Nürnberger Jakob Ayrer (gestorben 1605), der in der Tradition der Fasnachtsspiele von H. Sachs steht. Im Ver­gleich zu der dominierenden opera seria, opera buffa seit dem 19. Jhdt. in Italien, der opera comique und der opera grande seit dem 18. Jhdt. in Frankreich hat das deutsche Singspiel nur eine geringe Bedeutung und war vom künstlerischen Anspruch diesen eher untergeordnet. Weit verbreitet war die Praxis, italienische und französische Opern ins Deutsche zu Übersetzen und dann als deutsches Singspiel aufzuführen. Das Zen­trum des Singspiels war der Norddeutsche Raum. Insbesondere die Hamburger Oper brachte zwischen 1693 - 1738 viele Singspiele zur Aufführung. Nach 1766 wurde J. A. Hiller mit den Werken „Der Teufel ist los“, „Lottchen am Hofe“, „Liebe auf dem Lande“, „Jagd“  zum bedeutenden Vertreter des deutschen Singspiels. J. A. Hillers Singspiele bleiben in bewußter Distanz zur italienischen Oper in einer Ausdruckslosig­keit volkstümlicher Anspruchslosigkeit. Eher kleine Liedformen als große Arien wurden gewählt. Auf die gehobene Deklamation wurde zugunsten gesprochener Prosadialoge verzichtet.

Die Bedeutung der Wiener Volkskomödie war im Gegensatz dazu für die Weiterentwicklung des Singspiels unbedeutend.

Eine bedeutende Wandlung des Singspiels begann im Jahre 1778: die  Einrichtung des Nationalsingspiels durch Joseph II. Das neue Singspiel sollte nicht nur eine eigene deutsche Form der Oper mit dem gleichen Anspruch vergleichsweise der italienischen und der französischen Oper werden. Joseph II. beabsichtigte durch sie auch die Absicht der Bildung von Publikum und Musikern. Der „Bergknappe“ von  Ignaz Umlauf komponiert nach einem Libretto von Paul Weidemann (1744-1801) eröffnete 1778 das Singspiel in Wien. Weitere bedeutende Komponisten neben Mozart sind M. Ulbrich, J. Barta und der Konkurrent Mozarts A. Saleri.

Das deutsche Libretto wurde selbstverständlich beibehalten. Prägend für die Dichtung war vor allem die Aufklärung aus dem norddeutschen Raum. In ganz Deutschland verbreitete sie sich und wird auch in Wien angenommen. Mozart, welcher von seinem  Vater aufklärerisch erzogen wurde, ist aufmerksamer Beobachter des zeitgenössischen Theaters in Mannheim gewesen. Aus dem tückischen Sujet ergibt sich dann auch der mo­ralisierende Inhalt des Singspiels. Ganz in Übereinstimmung mit der Aufklärung werden die türkischen Charaktere nicht als „die Barbaren“, sondern als eigenständige Charaktere mit Herz und Seele dargestellt. Vor allem die Vergebung des Bassas mit dem Verzicht auf Rache an Belmonte zeigt das Gedankengut der Aufklärung.

In Mannheim hat Mozart nicht nur musikalische Neuerungen, sondern auch moderne Auffassungen in Politik, Theater und Literatur kennengelernt. Insbesondere die Klang­wirkung der Klarinetten war ihm wohl von der Mannheimer Schule vertraut. Ebenso kann seine Kenntnis der neapolitanischen opera buffa auf seine Reisen nach Italien zurückzuführen sein. Erst die Kenntnis der italienischen Oper ermöglichte Mozart die Kompositionen der Arien in seinen Singspielen und Opern.

Werden im ursprünglichen Singspiel zwischen den gesprochenen Texten nur Lieder gesungen, so schufen die Komponisten jetzt auch Arien und Ensembles. Das Singspiel näherte sich stilistisch der Oper. Die gesprochenen Dialoge wurden nur noch an „passenden“, dramatisch sinnvollen Stellen eingesetzt. Als entscheidendes Merkmal des Singspiels ist die Sprechrolle des Bassas Selim, welche ganz in der Tradition des historischen Singspiels steht.

Als leimotivischer Gedanke kann für Mozarts Kompositionsstil das neue Verhältnis von Libretto und Musik gesehen werden. Mozart strebt ein ausgewogenes Zusammenspiel von Poesie und Musik an. Dies verändert nicht nur sein Librettoverständnis. Neben der  Instrumentation wird es besonders in der musikdramatischen Darstellung, also im Bezug von Text und Musik deutlich. Dieses Wort-Ton Verhältnis beeinflußt und bestimmt alle Elemente des musikalischen Satzes. Im Folgenden sollen diese Elemente seines Kompo­sitionsstil näher untersucht werden.

Inhaltsverzeichnis

 

Instrumentierung

Charakteristisch für die Wiener Klassik ist die Dominanz der Melodie und eine homo­phone Begleitung durch die Streicher. Diese setzten sich zusammen aus 20 Violinen, 4 Violen, 4 Violoncelli und 2 Kontrabässe. Die zusätzliche (alternative Hammerflügel oder Cembalo) Besetzung im Baß ist noch ein Relikt aus der Zeit des Generalbasses. In der Bläsergruppe setzt Mozart 2 Klarinetten und 2 Hörner ein. Die Klarinette hatte Mozart bei seinem Aufenthalt in Mannheim kennengelernt und zunehmend in seinen Werken eingesetzt. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts waren Hörner und Trompeten noch Alternativbesetzungen. Daß bedeutet, daß der Komponist aufgrund der Identität ihrer Obertonordnung Horn oder Klarinette eingesetzt hat. Im Quartett sehen wir, daß Mozart Hörner und Trompeten sowohl sehr eng gebunden aber auch eigenständig einsetzt (z.B.: im Allegro „Es lebe die Liebe“). (1) Einen weiteren charakteristischen Einsatz des Horns in der damaligen Zeit läßt sich sehr gut am Lied Nr. 2 verdeutlichen. In den Takten 30-34 spielt das Horn lange gebundene, oktavierte Töne. Somit übernimmt es im Orchester die Wirkung eines „Pedals“, es wird zur „romantischen Seele des Orchesters“. (2)

Der Einsatz der Streicher und Bläser erfolgt oft in Instrumentengruppen. Das heißt, das Streichergruppe und Bläsergruppe oft abwechselnd einsetzen. Mal wird die homophone Begleitung also von den Streichern und danach von den Bläsern übernommen.

Zusätzlich zum Orchester komponiert Mozart noch weitere Stimmen für Instrumente, welche auf der Bühne gespielt werden, also direkt in die Handlung mit einbezogen werden. Diese „Banda“ enthält neben den Bläsern zusätzliche Schlaginstrumente, welche zusammen das orientalische Kolorit, das „Märchenhafte“ des Singspiels unter­streichen. Hierbei ist auffallend, das die Janitscharen-Musik lediglich als fremdartiger „Block“ von Instrumenten, als eine von außen eingreifende Macht, zur bestehenden Orchestermusik hinzukommt. Die Struktur des klassischen Orchestersatzes wird beibe­halten. Bereits in der Ouvertüre tritt dieses leitmotivische Klangelement auf (Flageolett, Triangel, Becken und große Trommel). Diese offenkundige Differenz zwischen Orchester und „Banda“ bringt im Motiv das Aufeinandertreffen zweier Kulturen zum Ausdruck. (3) Das Flageolett ist eine kleine Schnabelflöte. Sie ist seit dem 16. Jahrhun­dert nachweisbar und vermutlich als Hirtenflöte in Spanien entstanden. Mozart dürfte das Flageolett aus der französischen Tradition kennengelernt haben. (4)

Inhaltsverzeichnis

 

Das Librettoverständnis

Da das deutsche Singspiel ein deutsches Libretto, also in der Muttersprache des Komponisten, als Textvorlage verwandt, schenkten die Komponisten dem Wert des Librettos mehr Beachtung. Schon Goethe versuchte mit eigenen Libretti das Niveau der Texte zu heben. Ihm gelang es allerdings nicht einen seinem Anspruch gerecht werden­den Komponisten zu finden. (1) Die Schwächen des Librettos der Entführung erkannte Mozart und versuchte auch teilweise diese durch Abänderungen zu beheben. So änderte er zum Beispiel eigenmächtig in einer Arie Constanzes im Text von Bretzner: „Doch im hui schwand meine Freude“. Das „hui “ wurde seinem Anspruch nicht gerecht und er ersetzte es durch „schnell“.

Insgesamt lenkte Mozart seine Aufmerksamkeit auf einen anderen Aspekt: „Bei einer Opera muß schlechterdings die Poesie der Musik gehorsame Tochter sein“. (2) Die größte Bedeutung maß Mozart der musikalischen Brauchbarkeit des Stoffes, dem „Plan“, nicht dem literarischen Wert des Buches bei.

Er war der Verfechter der Vorherrschaft der Musik über den Text des Librettos, welcher sich stets in das Gesammtwerk einordnen mußte. Die Dichtung, welche mit ihrem „hier und dort elendem Reim“ zu gefallen sucht und „Reime des Reimes wegen“ macht, zerstört den dramaturgischen Aufbau, die musikalische Intention des Komponi­sten. Das Libretto stellt das Grundgerüst der Oper dar, die „Wirklichkeit des großen musikalischen Theaters“ schafft aber erst der Komponist mit der Vertonung des Librettos. Mozart versuchte infolge dessen das Singspiel von der ursprünglich engen, eingrenzenden Bindung an das Schauspiel zu lösen und von der Musik ausgehend die Poesie in ein „musikalisch-dramatisches  Werkganzes“ zu integrieren. (3) Diese Einstel­lung Mozarts führte zu einer sehr engen Zusammenarbeit von Mozart und Stephanie. Mozart wußte bereits, daß ihm mit L. Fischer als Osmin ein guter Sänger zur Verfügung stand. So bewog er Stephanie dazu, den ursprünglichen Dialog nach dem Lied Nr.2 in ein Duett abzuändern. Die Zusammenarbeit geht sogar so weit, das Stephanie eine bereits komponierte Arie Nr.3 von Mozart erhält und nach dessen Vorstellungen den Text dazu verfassen soll, weil diese Arie Mozart dramaturgisch notwendig erscheint.

Inhaltsverzeichnis

 

Analyse der Sätze Nr. 2 und Nr. 16

Nr. 2, Lied

Das Lied beginnt mit einem Vorspiel, hat drei Strophen und jeweils einen Refrain. Es schildert das erste Aufeinandertreffen von Belmonte und Osmin.

Das Duett von Belmonte mit Osmin entsteht aus dem vorangegangenen Lied. Wurde Osmins Gesang durch den gesprochenen Text Belmontes unterbrochen, so führt seine Einmischung nun zur musikalischen Gleichberechtigung. Nach dem lyrischen Lied führt Belmontes Störung das Singspiel zur Handlung, in die Aktion zurück. Das Duett ist die dramatische Explikation des Liedes. Die dramatische Situation, die Lebendigkeit des Streits erfordert von Mozart eine entsprechende musikdramatische Darstellung.

Die Form ist seht frei gehalten. Es gibt keine regelmäßige Periodik mehr. Die Handlung bedingt eine hohe Textdichte. Die Melodie ist wenig ausgeführt und besteht häufig aus Tonrepetitionen und Sprechgesangsfloskeln. Der Einsatz der Stimmen Belmontes und Osmins ist oft im Wechselgesang gehalten. Wenn sie gleichzeitig singen ist es mehr ein Gegeneinander als ein Miteinander Singen. Das Tempo steigert sich vom bereits hohen Anfangstempo „allegro“ bis hin zum „presto“. Den nötigen Zusammenhalt bildet das Orchester. Besonders die Streicher, meistens in durchgehenden Achteln gesetzt, bilden eine kontinuierliche, aber auch an Intensität und Spannung zunehmende Begleitung des Duetts.

Mozart schildert in diesem Dialog nicht nur die Emotionen der Sprechenden, sondern in einer durchgehenden Bewegung der Streicher den erregten Ton, in dem das Gespräch geführt wird. Der Komponist wertet nicht die Haltungen der Figuren, sondern beschränkt sich bewußt auf die Position eines distanzierten Betrachters. (1)

Das Lied (T. 1-57) ist ein Strophenlied mit Refrain. Das Lied ist komponiert im 6/8 Takt in G-Moll.

Durch die Doppelstriche vor dem gesprochenen Text Belmontes ergeben sich erneute Auftakte danach zu Beginn der nächsten Strophe. Besonders die Takte 44 und 49 schaffen numerisch zusätzliche Takte. „Anzahl der Takte“ gibt die Anzahl der „ganzen“ Takte der jeweiligen Phrase an.

Form

Takte

Anzahl der Takte

Vorspiel

1 - 2

2

1. Strophe

3 - 15

13

Refrain

16 - 20

4

Gesprochener Text

   

2. Strophe

21 - 33

13

Refrain

34 - 38

4

Gesprochener Text

   

3. Strophe

39 - 53

13

Refrain

54 - 57

4

Die 1. Strophe und deren Refrain

Die Strophe ist periodisch unterteilt in zwei mal vier Takte (Vordersatz: T. 3-6; Nachsatz: T. 7-10). Die regelmäßige Periodik wird nun unterbrochen, da die nächste Phrase sich über zwei Takte, die folgende sich aber über drei Takte erstreckt (T. 11-12, T. 13-15). Der Takt 15 wird wegen der abrundenden Schlußwirkung noch den beiden (regelmäßigen) Takten 13-14 hinzugefügt.

Das Vorspiel der Streicher besteht aus einer I-IV-V-I Kadenz.

In der 1. Strophe verwendet Mozart nur die Harmonien Tonika G-Moll, Subdominante C-Moll, Dominante D-Moll und D-Dur. Diese kommen vor in Grundstellung und als Sextakkord. Hinzu kommt die Doppeldominante A-Dur als Sextakkord.

Im Refrain benutzt Mozart zusätzlich Es-Dur (T. 18).

Die Notenwerte der Melodie beschränken sich auf Viertel, Achtel und punktierte Viertel. Jede Phrase hat regelmäßig einen „Auftakt“ von zwei Achteln. Nur der letzte Takt (T.15) weicht davon ab. Weiteres bestimmendes Element ist die Unterteilung des Taktes in Viertel-Achtel-Viertel-Achtel. Aus diesen wenigen einfachen Motiven bildet sich der Rhythmus.

Rhythmus von Vorder- und Nachsatz (T. 3-6) ist fast identisch. Dies gilt auch für die folgenden Perioden (T. 7-10, T. 11-14).

Der Melodieverlauf ist schlicht und einfach angelegt. Der volksliedhafte Quartsprung im Auftakt und Quintfälle sind die Ausnahme der sonst sich auf Sekundschritte und Terzen beschränkenden Melodie. Der Oktavsprung in Takt 13 und vor allem der weite Sprung einer Duodezime in Takt 16 bildet hierbei eine Ausnahme. Dieser Sprung stellt gleich­zeitig den Ambitus des Liedes dar. Einfache Verzierungen in Form von Vorschlägen kommen vor in den Takten 8, 10 und ein Triller im Refrain in Takt 19.Die Melodie ist weitgehend syllabisch.

Die Begleitung besteht nur aus Akkorden in Grundstellung und Sextakkorden. Zu Beginn ist sie in Vierteln auf die schwere Zählzeit gehalten. Ab Takt 12 spielt die zweite Geige Arpeggien in Sechszehntel. Im Refrain sind die Vorhalte und Durchgänge der ersten Geige charakteristisch. Bis auf die kurzen Einsätze der Oboen in den Takten 11 und 15 beschränkt sich die Begleitung auf die Streichinstrumente. Im Ganzen ist die Begleitung homophon und der Melodie untergeordnet.

Vorspiel und Refrain sind in ihrer Begleitung des Orchesters im Vordersatz identisch. Im Refrain kommt lediglich die Gesangsstimme hinzu. Ein richtiges, eigenständiges Vorspiel ist es also nicht. Bereits hier hat sich Mozart für eine Mischform von Arie und Lied entschieden.

Der Takt 15 hat eine überleitende Funktion von der Strophe zum Refrain. Er enthält mit „pianissimo“ die erste Dynamikangabe. Der Text „sei ihr Freund“ wird wiederholt. Nach dem lange gehaltenen D ist dies der erste motivische Einsatz der Oboe und damit auch der erste Einsatz eines Instrumentes der Bläsergruppe. Im weiteren Verlauf nimmt die Präsenz der Bläser immer weiter zu. Ähnlich der Einmischung Belmontes in das Lied Osmins bringen die Bläser Bewegung in die sonst ruhende Begleitung der Streicher. Der Text des Refrains, das „Tallalera“ ist ein Element des Liedes.

2. und 3. Strophe

Melodie und Refrain der 2. und 3. Strophe sind identisch mit der 1. Strophe. Sie stimmen überein sowohl in der Tonhöhe als auch im Rhythmus und der Periodik. Die folgenden Strophen sind isorhythmisch zur 1. Strophe. Es gibt zwischen den Strophen kein Zwischenspiel, nur die kurze Einleitung spielt das Orchester, danach hat das Orchester eine untergeordnete, begleitende Funktion. Die Einleitung der Streicher ist schon ein Vorgriff auf die letzten Takte des Refrains, mit dem sie übereinstimmen. Die einzigen Ausnahmen sind „von“ in Takt, welches als zusätzliche Silbe in der Strophe des Librettos einen zusätzlichen Ton Es erzwingt. Weiterhin läßt Mozart in Takt 37 die Verzierung des Trillers wegfallen.

Daraus ergibt sich ein einfaches Lied, ein Liebeslied mit drei Strophen und Refrain in der Form: Einleitung ABABAB

Doch schon der große Tonumfang in Takt 16, die Triller und der zusätzliche eingefügte Takt 15 weisen auf Elemente hin, die nicht dem Volkslied zuzuschreiben sind. Mit dem zunehmenden Mißtrauen und der Angst um seine Liebe zu Blonde nimmt auch die Varia­tion der Begleitung im Orchester zu. Zu Anfang der 2. Strophe bleibt die Begleitung der Streicher in Vierteln auf den schweren Zählzeiten. Die Harmonik ist nur leicht abgeän­dert (z. B. in Takt 22, Zählzeit 4), kehrt dann nach der Ausweichung wieder zurück in die Harmonik der 1. Strophe. In der 2. Strophe spielen die Oboe und das Fagott gebun­dene, oktavierte Achtel auf die unbetonten Zählzeiten 2+3 und 5+6. Ab Takt 26 spielt die 2. Violine dann wieder Sechzehntel als Arpeggio wie bereits ab  Takt 12. Jetzt dauert dieses Motiv allerdings insgesamt 7 Takte. Die Oboe und das Fagott behalten ihr Motiv in Achteln bis zum Ende der Strophe bei. Der Refrain ist bis auf geringfügige Variationen in der 2. Violine und Viola gleich geblieben. In der 1. Violine wird die Melodie nicht verändert, es wird jedoch eine 2. Stimme hinzugefügt. Die erste Violine ist das Kettenglied zwischen der Melodie der Gesangsstimme, welche als unverändert dominierend wirkt und der variierenden Begleitung im Orchester.

In den Takten 40-43 übernehmen in der 3. Strophe die Bläser, jetzt auch die Flöte, das sehr virtuose Sechzehntel-Motiv und die Streicher spielen wieder Viertel.

In den nächsten fünf Takten 44-48 erfolgt ein Taktwechsel in der Begleitung. Das Tempo wechselt in Allegro. Die Streicher spielen weiter in Vierteln und die Bläser­gruppe setzt aus. Der Text nimmt schon den Konflikt des Singspiels vorweg. Um dies nicht durch die Begleitung des Orchesters  zu „übertönen“ beschränkt sich die Beglei­tung auf das harmonische Grundgerüst ähnlich der Begleitung eines Rezitatives. Da die Intensität des Gefühlsausdrucks und die Bedeutung des Textes für die folgenden Stro­phen nicht durch eine Änderung der Melodie erfolgen sollen benutzt Mozart einen Tempowechsel zum Allegro als Ausdrucksmittel. In den Takten 50-53 übernimmt die 2. Violine wieder das Sechzehntel- und die Oboe und das Fagott das Achtelmotiv. Das Horn setzt wieder ein und hinzu kommt jetzt die Flöte mit ebenfalls lange gehaltenen Noten. Das Orchester hat jetzt zum Schluß der 3. Strophe seinen vollen Umfang erreicht. Diese Steigerung des Klangkörpers ist ein Merkmal für das Steigen der Spannungen, welche später im Duett offen dargelegt werden. Der Takt 53 wird jetzt nicht von den Streichern, sondern von der gesamten Bläsergruppe begleitet. Hier schreibt Mozart wieder ein „pianissimo“ vor. Der Refrain ist wieder ähnlich dem in der 1. Strophe, wird auch nur von den Streichern begleitet und endet im Forte.

Das Lied, gekennzeichnet durch die Einfachheit in Rhythmus, Melodie, Harmonik und seinem  hohen Wiederholungsanteil hat einen volksliedhaften Charakter. Aufgrund der ariosen Merkmale, vor allem in der 2. und 3. Strophe, kann man es weder als das damalig übliche Singspiel-Lied, noch als Arie einordnen. Mozart hat das einfache Lied mit Elementen der Arie künstlerisch verfeinert, dabei aber den Lied-Charakter im Werkganzen bestehen lassen.

Inhaltsverzeichnis


Nr. 16, Quartett

Das Quartett ist der letzte Satz im 2. Akt und auch der längste Satz des Singspiels. Die Handlung beginnt mit der  ersten Begegnung der liebenden Paare Konstanze -  Belmonte und Blondchen - Pedrillo. Die Zweifel der Männer an der Treue der Frauen führt zu einem Streit, welcher nach einer Versöhnung in einem Gesang auf die Liebe endet.

Eine sinnvolle Einteilung des Satzes anhand der von Mozart vorgeschriebenen Tempiwechsel ergibt folgenden Überblick:

„Wiedersehen“

Allegro

4/4 Takt,

D-Dur

1-89

„Zweifel an der Treue“

Andante

3/8 Takt,

G-Moll, Es-Dur

89-154

„Ohrfeige“

   

155

„Streit der Paare“

Allegro assai

 

155-187

 

Adagio

4/4 Takt

G-Moll

187-192

 

Andantino

6/8 Takt

E-Dur

193-208

„Versöhnung“

Allegretto

4/4 Takt

208-257                     

„Es lebe die Liebe“

Allegro

4/4 Takt

D-Dur

158-367


Diese Einteilung verdeutlicht das Zusammenwirken von Text und Musik. Sind die einzelnen Szenen von Mozart zu einem Satz zusammengefügt worden, verbindet Mozart sie auch musikalisch. Dies geschieht jedoch nicht nahtlos. Dies will ich  am Übergang ins Andante, Takt 89, zeigen:

Der Text „Voll Entzücken, Freud und Wonne sehn wir unser Leiden End, sehn wir unser Leiden End´“ wird einmal wiederholt. Danach wird zum Abschluß der letzte Teil noch mal wiederholt. Auch musikalisch werden diese Takte von den Sängern und vom Orchester identisch wiederholt. Harmonisch wechselt Mozart immer zwischen D-Dur, der Tonika und A-Dur, der Dominante. Der Schluß endet also in einer Kadenz. Der Rhythmus betont klar die schweren Taktzeiten. Mit den Vierteln auf die Zählzeiten 3 und 4 in allen Stimmen in Takt 88 endet das Allegro im Takt 89 auf der Zählzeit 1 in allen Stimmen. Der Abschnitt ist formal abgeschlossen. Eine Fortführung des Satzes erfolgt nicht. Nach der Tonrepitation auf d´ in der 1. Violine erfolgt der sofortige Übergang zu G-Moll. Auch melodisch erscheinen in den Instrumenten, zum Beispiel im Baß, aber auch in der Gesangsstimme Belmontes neue Motive. Die einzelnen Abschnitte sind also nicht nur vom Inhalt, sondern auch durch ihre Satzweise klar voneinander getrennt.

Ein weiteres Stilmerkmal Mozarts läßt sich in diesen Takten erkennen: Die Terassendynamik. Ähnlich zu der Ouvertüre des Singspiels wechselt Mozart am Ende des Allegros mehrmals zwischen „piano“ und „forte“. „Voll Entzücken, Freud und Wonne sehn wir unser Leiden End´“ wird vom Orchester in „piano“ begleitet. Für den Gesang schreibt Mozart „sotto voce“ vor. „sotto“ heißt „unten“ und „voce“ „Stimme“. (1)  Da dies ebenfalls eine Dynamikangabe ist, ist die Angabe „sotto voce“ als der dem „piano“ ähnlich einzustufen. In der Wiederholung „ sehn wir unser Leiden End´“ schreibt Mozart jetzt allen Stimmen ein „forte“ vor. In der Wiederholung der Zeile übernimmt Mozart auch den Dynamikwechsel. In diesem Fall stellt die Wiederholung im „forte“ eine Bekräftigung und fast schon erzwungene Hoffnung der Befreiung dar.

Die Szenische Darstellung ist bestimmt von fortgeführter Handlung. Dieser Satz ist der Höhepunkt, die entscheidende Szene des Singspiels. Große Melodiosität bestimmt den homophonen Satz.

Dieser ariose Satz ist eindeutig der Oper und nicht dem volkstümlichen Singspiel zuzuordnen. Im Gegensatz zum 2. Satz sind die Gesangsstimmen, vor allem die der Frauen, anspruchsvoll und virtuos (Takt 60). Vermischte Tongeschlechter ergeben Melodien in Dur-Moll (Takte 237-250) und Chromatik. Auffallend ist auch, daß Blonde und Konstanze im Streit feinere, mildere und noch mit Verzierungen ausgeschmückte Melodien singen als Osmin im 2. Satz.

Mozart charakterisiert die Personen individuell und nicht nur durch allgemeine, von der Person unabhängige Affekte.

Die häufigen Tonartenwechsel sind nicht nur schwer zu singen, sondern sind auch immer, in Verbindung mit der Handlung, charakterisierend  für den emotionalen Kontext der Szene.

Die Szene endet in einem kanonähnlichen Freudengesang der Paare. Dieser Schluß enthält im Libretto weniger Text. Dafür nimmt der Anteil der Melodie zu. Hier wird Mozarts frische, schwungvolle Kantabilität der Melodie sichtbar. Im Gegenzug zur Entwicklung der Melodie wird die Handlung nicht weitergeführt. Für den Fortgang der Handlung wäre der Schluß dramaturgisch nicht notwendig gewesen. Er ist die Darstellung des erlösende Momentes nach der vorangegangenen Krise. 

Mozart unterbricht ariose Abschnitte und setzt ein Rezitativ als musikalischen Kontrast dagegen. Konstanze unterbricht Belmonte mit einem Rezitativ. Im Verlauf der entscheidenden Aussprache zwischen den lange Zeit Getrennten ist das Spannungsmoment noch weit größer als im Streitgespräch von Belmonte und Osmin. Sprachlos vor Erstaunen, nicht mehr fähig im Ensemble weiterzusingen, fleht Konstanze Belmonte an zu begründen, warum er an ihrer Treue zweifle. Ihre Frage „Willst du dich nicht erklären?“ komponiert Mozart als Rezitativ, dem er einen harmonischen Wechsel nach D-Dur, Grundtonart des Finales, hinzufügte. Schlagartig wird Konstanze die Ungeheuerlichkeit der Anmaßung Belmontes bewußt. Instinktiv bricht sie die Musik des Duettes ab. In avantgardistisch gestalteten Details, wie der Einfügung kurzer Rezitative in geschlossene musikalische Nummern, entwickelt Mozart die Fallhöhe eines dramatischen Konflikts aus einer, auf den ersten Blick, alltäglichen Situation. Durch diese, für Mozarts Zeit ungewöhnlichen Mittel, verliert der szenische Vorgang jede Harmlosigkeit und löst sich zwangsläufig aus der Konvention. Die ansonsten heitere Sphäre des Singspiels wird schlagartig zer­stört.

Inhaltsverzeichnis


Wort-Ton Bezug

Mozart nutzte verschiedene Mittel um dramatische Situationen und menschliche Bezie­hungen möglichst umfassend darstellen zu können. Der Wort-Ton Bezug  gibt dem Komponisten die Möglichkeit Gefühle, Stimmungen, aber auch Dramatik und Handlung in der Musik zum Ausdruck zu bringen. Bei Mozart ist dies jedoch nicht als „Tonmale­rei“ zu deuten. Die Musik wird nicht zum Abbild von konkreten Gegenständen. Die Übereinstimmung von Libretto und Musik in bezug auf den Gefühlsausdruck läßt das Singspiel zum „Werkganzen“ werden wie es Mozart gefordert hatte.

Eine Möglichkeit hierfür sieht Mozart im musikalischen Komponieren von Arie, Lied und Rezitativ. Der musikalische Fluß des Duetts bricht in dem Augenblick ab, in dem sich Belmonte bei Osmin nach dem Verbleib Pedrillos erkundigt: "Wie kann ich den Pedrill wohl sprechen, der hier in seinen Diensten steht?" Der europäische Herr bringt ein Reizwort ins Spiel, das die Aufregung des Moslimen schlagartig in Zorn und Raserei verwandelt. Mozart komponiert die Frage Belmonts als Rezitativ, als radikalen Bruch mit dem ariosen Grundgestus. Das Rezitativ beginnt, noch bevor Belmonte den Namen Pedrillos ausspricht. Die Musik eilt dem tatsächlichen Gefühlsausbruch, dem Affekt Osmins, um Sekundenbruchteile voraus.

Dieses Detail, der Einschub eines Rezitatives in einen geschlossenen ariosen Ablauf, scheint zunächst sekundär im Vergleich zur Struktur der gesamten Nummer zu sein. Sie erweist sich jedoch bei genauerer Betrachtung als entscheidend für Mozarts Auffassung von dramatischer Musik. Ahmte die Musik das Verhalten der Figuren lediglich nach, setzte daher das Rezitativ erst in dem Augenblick ein, in dem Belmonte von Pedrillo spricht, wäre sie nur ein Mittel zur Verstärkung ohnehin vorhandener Emotionen. Da das Gegenteil geschieht und ein Affekt antizipatorisch vor die szenische Situationen rückt, werden die Figuren zu direkten Trägern dramatischer Handlung. Dieser Vorgang ist charakteristisch für Mozarts Auffassung notwendiger dramatischer Berechnungen, die einen kontinuierlich ablaufenden musikalischen Prozeß stören und szenische und menschliche Konflikte widerspiegeln. Osmin ahnt instinktiv die Gefahr, die von Belmonte ausgeht. Mozart hätte diese Gefahr nicht drastischer und sinnfälliger ausdrücken können als im abrupten Wechsel von Rezitativ und Arie.

Eine vergleichbare Stelle ist im Finale des zweiten Aktes, dem Quartett notiert. Konstanze unterbricht Belmonte mit einem Rezitativ. Im Verlauf der entscheidenden Aussprache zwischen den lange Zeit Getrennten ist das Spannungsmoment noch weit größer als im Streitgespräch von Belmonte und Osmin. Sprachlos vor Erstaunen, nicht mehr fähig im Ensemble weiterzusingen, fleht Konstanze Belmonte an zu begründen, warum er an ihrer Treue zweifle. Ihre Frage „Willst du dich nicht erklären?“ komponiert Mozart als Rezitativ, dem er einen harmonischen Wechsel nach D-Dur, Grundtonart des Finales, hinzufügte. Schlagartig wird Konstanze die Ungeheuerlichkeit der Anmaßung Belmontes bewußt. Instinktiv bricht sie die Musik des Duettes ab. In avantgardistisch gestalteten Details, wie der Einfügung kurzer Rezitative in geschlossene musikalische Nummern, entwickelt Mozart die Fallhöhe eines dramatischen Konflikts aus einer, auf den ersten Blick, alltäglichen Situation. Durch diese, für Mozarts Zeit ungewöhnlichen Mittel, verliert der szenische Vorgang jede Harmlosigkeit und löst sich zwangsläufig aus der Konvention. Die ansonsten heitere Sphäre des Singspiels wird schlagartig zer­stört. (1)

Ein anderes Mittel, das, ähnlich wie der Einschub eines Rezitatives in ariose Abschnitte, eine Veränderung der dramatischen Situation, damit bestimmter menschli­cher Beziehungen anzeigt, beruht auf wechselnden musikalischen Harmonien. In Mozarts Arien und Ensembles sind diese Wechsel untrügliche Anzeichen für szenisch herausra­gende Momente. Osmin beantwortet in seinem Lied die bereits erwähnte Frage Belmontes „Wie kann ich den Pedrill wohl sprechen, der hier in seinen Diensten steht?“ mit zwei rüden, durch Harmoniewechsel gekennzeichneten Affektausbrüchen, die keinen Zweifel daran lassen, was seiner Meinung nach mit einem „schleichenden, spitzbübi­schen Paßauf“ wie Pedrillo geschehen solle: „Den Schurken? Der den Hals soll brechen?“. Der schroffe Einschub endet in einem E-Dur Akkord, Dominante zu A-Dur oder A-Moll. Die nach einer Fermate einsetzenden Sequenzen Osmins „seht selber zu, seht selber zu ...“ führen aber erst nach vier weiteren Takten zur neuen Grundtonart A-Moll, der keine lange Dauer beschieden ist. Belmontes schlagartig einsetzende Wider­rede „Ihr irrt, es ist ein braver Mann“ moduliert nach C-Dur. Der Europäer hat eine andere Meinung über Pedrillo als Osmin, der ihm den Harmoniewechsel augenblicklich heimzahlt und die Melodie nach C-Moll abändert.

Ein Streit spitzt sich zu, der in wechselnden Harmonien abläuft, als vollzöge sich die Auseinandersetzung des Europäers mit dem Moslimen vor einem Raster, das es dem Zuhörer ermöglicht, die wechselnde Befindlichkeit jederzeit nachzuvollziehen.Anhand dieses Vorgangs, bei dem dramatische Aspekte direkt in formale übergehen, stellt Mozart die überzogenen Reaktionen zweier Kontrahenten in diesem Duett dar. (2)

In Takt 164 schlägt Osmins Abneigung in offene Feindschaft gegen Belmonte um. Diesen Stimmungswechsel komponiert Mozart: In einer Fermate holt Osmin kräftig Luft, um Sekundenbruchteile später - Mozart notierte als Anweisung „bitter höhnisch“ - alle Wut und Zorn im Affekt aus sich heraus zu schreien. Er schleudert Belmonte wutentbrannt entgegen: „Fort, euresgleichen braucht man hier nicht“. Mozart notierte für den Beginn des Ausbruchs gleich vier verschiedene Auftaktverzierungen für Oboen, Fagotte, Hörner und Streicher (3). Zusätzlich fordert er in der Dynamik „sfp“, um damit das Aufbrausen der Bläser noch zu verstärken. Im Takt 165 ist das „Forte“ erreicht. Um der Forderung, dem Ausruf Bestimmtheit zu verleihen steigt die Melodie zum Schluß und endet auf ihrem Höhepunkt auf der schweren Zählzeit 3. Die 1. Violine spielt Sechzehntel in einer aufsteigenden, aufwiegenden Figur. Diese Figur wird weitergeführt in den Takten 166-167.  Nachdem ein Ruhepunkt mit dem Piano erreicht ist, werden jetzt alle Stimmen der Streicher und auch die Melodie Osmins stufenweise aufwärts geführt, durch ein Crescendo bis zum Forte unterstützt. Nachdem das letzt „fort“ ausgerufen ist fällt die Spannung wieder. Die Bläser spielen gehaltene, leise Töne und alle übrigen Stimmen bewegen sich in einer nach und nach absteigenden Linie.

Belmonte, der bisher nur gesprochenen Text hatte, fällt Osmin erstmals in den Takten 58-64 singend ins Wort. Er versucht die Tonart Osmins, G-Moll, in die Durparallele zu verändern, geht dies jedoch überstürzt an, daß er nur die Dominanten von B-Dur, also Es-Dur und F-Dur erreicht. Die von Mozart komponierten Harmonien charakterisieren das aufbrausende Verhalten eines Menschen, der Mißachtung oder Widerspruch nicht gewohnt ist und sich in der Heftigkeit seiner Reaktion im Ton vergreift. (4)

Im Lied findet sich in den Takten 44 - 43 ein weiteres Beispiel für den Wort-Ton Bezug Mozarts. Es ist in der Analyse des Liedes bereits beschrieben.

Inhaltsverzeichnis

 

Mozart und die Freimaurerei

Die Idee der Freimaurerei

Obwohl die Geschichte der sogenannten Geheimbünde viel weiter zurückreicht, hat die moderne Freimaurerei ihre Wurzeln in der Zeit der Aufklärung (18. Jhdt.).

Die Etablierung des Bürgertums, das Aufkeimen humanistischen Gedankengutes und „der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit“ (Immanuel Kant, 1784) führten zu großen gesellschaftlichen Veränderungen (Franz. Revolution) und zur Bildung von diskreten Gesellschaften, die als Sammelbecken der geistigen Größen dieser Zeit dienten (Lessing, Kloppstock, Mozart, Haydn, Weishaupt, etc.).

Gleichzeitig formten sich aus den Steinmetzgilden des Mittelalters, in denen sich die mit dem Sacralbau beschäftigten Handwerker organisierten, sogenannte Bauhütten, deren Zweck es nicht nur war, das Wissen um die Baukunst zu bewahren und alte Traditionen zu pflegen, sondern in immer stärkerem Maße auch die geistige Individualisierung des Menschen, gestützt auf die Ideen der Aufklärung, voranzutreiben. Im Laufe der Zeit entwickelten diese Bauhütten eine Art Mysterienspiel, das in symboli­schen Bildern die Entwicklung des Menschen zu einem „vollkommenen“ Individuum darstellt; das freimaurerische Ritual war in seinen Grundzügen geboren. Die freimaure­rischen Rituale beschreiben in vielfältiger Weise die Reise vom Dunkel ins Licht, eine Wanderung, welche die Schrecken des Todes nicht ausspart, sondern zu überwinden trachtet. Logentätigkeit ist kein Glaubensersatz, sie ist vielmehr eine Form praktizierten christlichen Glaubens und ihrem Selbstverständnis nach nicht im Widerspruch zur Kirche. Die Kritik an der Loge hatte zu Mozarts Zeiten weitgehend politische Gründe.

1717 wurde in London die erste sogenannte Großloge - ein Zusammenschluß von zunächst vier Einzellogen  gegründet. Dies war der Anfang der sogenannten „regulären Freimaurerei“, deren Logen nur Männern den Zugang zu den freimaurerischen Ritualen gewähren. In weiterer Folge wurden neben den der Großloge von England unterstehen­den Freimaurerlogen auch andere Obödienzen (Zusammenschlüsse) gegründet, welche zum Teil auch Frauen als Mitglieder aufnahmen. Hauptgruppierungen der gemischten Freimaurerei sind „Droit Humain“ und „Memphis Misraim“.

Mozart und die Loge

In seiner Wiener Zeit (1781-1791) hatte Mozart einige Freimaurer kennengelernt.
Ihre Ideale - Humanität, Toleranz und Brüderlichkeit - entsprachen ganz seinem Weltbild, und so ist es nicht verwunderlich, daß die Freimaurerei auch ihn ganz in ihren Bann zog. Am 5. Dezember war Mozart zum Mitglied der Loge „Zur Wohltätigkeit“ vorgeschlagen worden, am 14. Dezember 1784 wurde W. A. Mozart ordnungsgemäß als Lehrling in die Loge aufgenommen. Die Loge war zusammen mit anderen Logen im Hause des Baron Moser untergebracht. Mozart betrat die Loge mit großem Ernst. Er gehörte nicht zu denen, welche sich aus gesellschaftlicher Opportunität, oder aus der Hoffnung auf persönliche Vorteile angeschlossen hatten. Die Beförderung Mozarts zum Meister geschah im Frühjahr 1785. Mozart fand in der Freimaurerei, der er inhaltlich mit ganzer Seele anhing, Gleichgesinnte und Geistesverwandte. In Wien war die Loge ein Zusammenschluß all derjenigen, die ihre Arbeit im Geiste der Aufklärung  verstan­den, der Wissenschaftler, Schriftsteller und Mediziner, nicht zuletzt aber der josephini­schen Verwaltungsbeamten. Auch J. Haydn war Mitglied einer Loge, der Loge „Zur wahren Eintracht“. Mozart führte Leopold Mozart, seinen Vater, im März 1785 in die Loge ein. Die Logenbrüder trafen sich meist einmal wöchentlich in ihren jeweiligen Logen zu den Arbeiten der Aufnahme und Beförderung ihrer Mitglieder, zu gelehrten Vorträgen, aber auch zu festlichen Sitzungen und Konzerten. Auch auf seinen Reisen wird Mozart wahrscheinlich auch andere Logen besucht haben.

Die Loge prägte Mozarts Leben und Denken - und somit neben seiner gesellschaftlichen und politischen Einstellung auch seine Musik. Bei den Logensitzungen spielte die Musik eine nicht unerhebliche Rolle, und mit gutem Grund nimmt man heute an, daß zum Beispiel Mozarts zahlreiche Kompositionen für Bläser (Klarinetten und Basetthörner) mindestens zum Teil für freimauerliche Feierlichkeiten bestimmt waren. Er komponierte in der Folge eine beträchtliche Anzahl von masonischen (freimaurerischen) Werken. Mozart entwickelte sich zu einer Art Hauskomponist für die Loge. So vermutet man, daß neben den bekannten Werken wie zum Beispiel die  „Gesellenreise“ (KV 468), die Kantate (KV 471), und die „Maurische Trauermusik (KV 477) noch viele nicht erhaltene Werke entstanden sind. Manche Kompositionen waren durchaus an­spruchsvolle Werke mit anspruchsvollen Soli und einer orchestralen Begleitung mit umfangreicher und höchst differenzierter Besetzung.

Der große Aufschwung, den die Freimaurerei in Wien seit 1783 genommen hatte, war jäh zu Ende, als Mitte Dezember 1785 das Freimaurerpatent erschien. Der Kaiser setzte eine polizeiliche Aufsicht ein, die das „Versammlungsrecht“ kontrollierte, die Freimau­rerei aber nicht wesentlich in ihrem  Inhalt beeinträchtigte. Infolge des Freimaurerpa­tentes kam es zu einer großen Anzahl an Austritten aus der Loge. Die „Brüder“ hatten Angst vor staatlichen Konsequenzen wegen ihrer Logenangehörigkeit. Um so auffälliger mag es erscheinen, daß Mozart offensichtlich nicht im geringsten daran dachte, sein Freimaurertum zu verleugnen. Er bekannte sich auch öffentlich dazu, obwohl er als Komponist für das Nationaltheater erheblich von der Gunst des Kaisers abhängig war. Mozart entwickelte und schrieb in dieser Zeit zusammen mit seinem Logenbruder Stadler sogar einen Plan einer Geheimgesellschaft: „Die Grotte“. Dieses Dokument wird in einem Brief erwähnt, ist aber leider verlorengegangen.

Mozart selbst macht in seinen Briefen nur wenige Angaben zu seiner Beziehung zur Loge und seiner Tätigkeit darin. Das Schweigegelübde gegenüber Außenstehenden ließ nur wenige Einzelheiten der internen Logenarbeit nach außen dringen und ist deswegen heute nicht zugänglich. Weiterhin nimmt man an, daß einige Briefe nach Mozarts Tod vernichtet worden sind. Das Wissen über die Wiener Logen stammt aus Archiven der kaiserlichen Überwachung aller Geheimbünde.

Auch heute sind die Kompositionen Mozarts für die Freimaurer noch von Bedeutung. Der Liederzyklus „Freimaurermusik“ beispielsweise wird noch heute in vielen deutsch­sprachigen Logen bei Ritualen verwendet. Ein Titel daraus, die Freimaurerhymne „Laßt uns mit geschlungnen Händen“ dient bei jeder Tempelarbeit als Kettenlied. Die Melodie ist uns heute als Österreichische Bundeshymne bekannt.

Die Zauberflöte

Das bedeutendste Werk Mozarts mit maurerischem Charakter ist aber gewiß die „Zauberflöte“. Sie ist keineswegs, wie in vielen musikwissenschaftlichen Publikationen beschrieben, nur ein Singspiel mit märchenhaften Zügen ist, sondern auch ein Werk, das die Erfahrungen und Eindrücke eines Freimaurers verarbeitet. Somit präsentiert Mozart in einer Zeit der Bedrängung und Verbotsdrohung der Freimaurerei nicht nur ein Bekenntnis zu dieser. Es ist auch ein Versuch die Freimaurerei aus dem Kreis völlig falscher Vorstellungen herauszulösen. Die Zauberflöte ist eine Einweihungsoper, die den Weg des Tamino bis zu seiner Initiation zeigt. Die Rituale dieser Einweihung und ein großer Teil der dabei benutzten Symbole gehören der Freimaurerei an. Dabei ist es nur zu typisch für Mozart, daß er Tamino diesen letzten, erlösenden Schritt nicht allein gehen läßt, sondern an der Seite einer Frau - Pamina.

Natürlich kann dieser Umstand dahingehend gedeutet werden, daß Tamino den weiblichen Aspekt in sich selbst verwirklichen mußte, um zur Erleuchtung zu gelangen. Eine andere Möglichkeit wäre, daß Mozart die Empörung beabsichtigte und eine Dis­kussion über Frauen in der Freimaurerei für wertvoll erachtete, wo doch dieser Bund nach Menschenliebe und Toleranz strebt.

Die „reguläre“ Maurerei stellt sich diese Frage bis heute nicht wirklich.

Doch zurück zur Zauberflöte: Der Vogelfänger, als allegorische Personifizierung der 5 Sinne des Menschen, läßt Papageno als den irdischen Menschen erscheinen, mit all seinen Wünschen und Fehlern, seiner Leichtigkeit und Witzigkeit. Es ist der Teil des Tamino, der den irdischen Weg geht und Tamino könnte der vergeistigte Teil im Menschen sein, der nach Höherem strebt.

Während sich Papageno „ein Mädchen oder Weibchen“ wünscht, sehnt Tamino sich nach dem „Bildnis“ der Frau, die Leidenschaft bändigt und die rohen sinnlichen Kräfte einer vergeistigten Erotik dienbar macht.

Sarastro, der Priester, der zunächst eine sehr undurchsichtige Rolle spielt, erweist sich schließlich als Wächter des Tores zum Licht. Er entreißt Pamina durch die Entführung den Mächten der Finsternis (Königin der Nacht) und verzichtet selbst auf ihre Liebe, um das Paar durch gemeinsame Vorbereitung in seinem Tempel zur Einweihung zu führen.

Doch gerade Sarastro ist auch eine Kritik Mozarts an der Loge selbst. Ohne einen gerechtfertigten Grund anzugeben, sich lediglich auf die Vorsehung der Götter berufend, entreißt er Pamina der Mutter. Dies ist eine Kritik an der Unmündigkeit der Frau in der Freimaurerei. Neben dem fragwürdigen Raub Paminas spiegelt Sarastros Verhältnis zu den Sklaven einen zwar tugendhaften, aber auch selbstherrlichen und überheblichen Herrscher wieder.

Inhaltsverzeichnis


Lernziele

Im Musikunterricht ergeben sich verschiedene Möglichkeiten die „Entführung“ zu behandeln. Je nach Alter und Klassenstufe eignen sich für höhere Klassen auch die weiter unten aufgeführten Lernziele.

- Biographie und Werke Mozarts

Als ein Überblick über Mozarts (außergewöhnliches)  Leben und eine Übersicht über seine Werke und der damals üblichen musikalischen Gattungen

- Die Epoche der Klassik und Mozarts Bedeutung für die Klassik

Als eine Einordnung Mozarts in die Epoche der Klassik, auch anhand der Merkmale der Klassik und deren Gattungen

- Entstehung und Merkmale des Singspiels und der Oper

Geschichtliche Entwicklung des Singspiels, Merkmale des Singspiels

Auch denkbar wäre ein Vergleich von der „Entführung“ mit einer Oper

- Typische Stilmerkmale Mozarts

Das Beschreiben und Erkennen von Mozarts Kompositionsstil anhand von Beispielen aus der „Entführung“

- Musikdramatisches Werk

Als Beispiel für das Zusammenwirken von Musik und Text als Gesammtkunstwerk und deren Bedeutung für Wagner (hierfür müßte ein Werk R. Wagners als Vergleich herangezogen werden).

Inhaltsverzeichnis


Literaturnachweis

Mozart kommt nach Wien

aus  „Mozart“: „Das große Lexikon der Musik“, M. Honegger und G. Massenkeil, 1987

Entstehungsgeschichte

aus: „Entführung aus dem Serail“, Geschichte des Musiktheaters, Piper

(1) Aloys Greither: „Die sieben großen Opern Mozarts“, 1956,  S. 59

(2) Brief an den Vater vom 26. Sept. 1781

(3) Aloys Greither: „Die sieben großen Opern Mozarts“, 1956,  S. 63-64

(4) Aloys Greither: „Die sieben großen Opern Mozarts“, 1956,  S. 64-65

(5) Stefan Kunze: „Mozarts Opern“,  1984, S. 176; Brief, 6.Oktober 1781

Besetzung und Handlung

aus: „Entführung aus dem Serail“, Geschichte des Musiktheaters, Piper

Das Singspiel

„Singspiel“ aus „Das große Lexikon der Musik“, M. Honegger und G. Massenkeil, 1987

„Singspiel“ aus MGG, Fr. Blume, 1979

Stefan Kunze: „Mozarts Opern“, 1984

Instrumentierung

(1)   „Instrumentierung“ aus „Das große Lexikon der Musik“, M. Honegger und G. Massenkeil, 1987

(2)   Bernhard Paumgartner: „Mozart“,1945, S.42

(3)   S.Kunze: „Mozarts Opern“, 1984, S.182

(4)   „Flageolett“ aus „Das große Lexikon der Musik“, M. Honegger und G. Massenkeil, 1987

Librettoverständnis

Bernhard Paumgartner: „Mozart“,1945, S. 283 f.

A. Greither: „Die sieben großen Opern Mozarts“, S.67 ff.

(1)    „Singspiel“ aus „Das große Lexikon der Musik“, Honnegger, Massenkeil

(2)    Brief an seinen Vater L. Mozart, 13. Oktober 1781

(3)    S. Kunze: „Mozarts Opern“, 1984, S.180

Übersicht der Sätze Nr.2 und Nr. 16

S. Kunze: „Mozarts Opern“, 1984, S. 199,200

(1)   W. Willascheck: „Mozart-Theater“, 1995, S. 78

Lied-Arie

 -

Wort-Ton Bezug

(1)   aus W. Willascheck: „Mozart-Theater“, 1995, S. 78-79

(2)   aus W. Willascheck: „Mozart-Theater“, 1995, S. 80

(3)   aus W. Willascheck: „Mozart-Theater“, 1995, S. 80

(4)   aus W. Willascheck: „Mozart-Theater“, 1995, S. 78

Mozart und die Freimaurerei

Volkmar Braunbehrens: „Mozart in Wien“, 1997 S. 243-285

Großloge von England: http://www.charlton.demon.co.uk/masonic/index.html

Lernziele

-

Notentext

 „Mozart: Die Entführung aus dem Serai“, Edition Eulenburg Nr. 919

„Mozart: Die Entführung aus dem Serai“, Edition Peters Nr. 10527

Inhaltsverzeichnis